Fachkräftemangel: alles halb so schlimm!

Kannst du es auch nicht mehr hören, das ewige Gerede vom Fachkräftemangel? Ähnlich wie bei dem C-Wort ist irgendwann mal ein Zustand erreicht, an dem wir bestimmter Vokabeln überdrüssig sind. Alle, die diesen Worten zustimmen seien daher bestärkt und beruhigt: Der Fachkräftemangel ist vorbei, der Personalmangel ist da!

Wo wir stehen und wo die Reise hingeht

Seit Jahren wird uns der Fachkräftemangel nicht nur angekündigt – er wird geradezu gepredigt. Lange war klar und statistisch mehr als offensichtlich, dass der Tag, an dem die geburtenstarken Jahrgänge rund um das Geburtsjahr 1965 in den verdienten Ruhestand gehen, naht. Da den vielfachen Renteneintritten eine vergleichsweise überschaubare Anzahl von jungen Beschäftigten gegenübersteht, klafft auf dem Arbeitsmarkt eine nicht unerhebliche Lücke.

Nicht wenige von uns haben gehofft, dass alles doch nicht so schlimm werden wird, wie schon mindestens 10 Jahre zuvor angekündigt. Dass es vielleicht nochmal eine Krise geben wird, die das Problem verringert, weil in anderen Bereichen und Branchen Entlassungen erfolgen. Wir haben gehofft, dass urplötzlich die Digitalisierung ungeahnte Fortschritte macht und die Automatisierung diverse Jobs wegrationalisiert. Irgendetwas Rettendes sollte in unseren Hoffnungen schon passieren.

Nun aber ist die Lücke am Arbeitsmarkt doch da, trotz Corona-Krise und aktuellem konjunkturellen Durchhänger. Und irgendwie scheint wirklich keine Branche hiervon ausgenommen zu sein. Ganz besonders hart triff es dabei den Bereich IKT. 88% der IT-Unternehmen können aktuell offene Stellen nicht besetzen, weil es schlichtweg an Bewerbern fehlt.

Aber es gibt auch gute Nachrichten – oder zumindest einen Lichtblick am Horizont!

Humanunternehmer wissen (oder sollten es zumindest wissen), dass wir nicht alle einen identischen Personalmangel erleiden. Jedes Unternehmen hat seinen eigenen Personalmangel, der quasi und im wahrsten Sinne des Wortes hausgemacht ist. Denn wir haben es in gewissen Grenzen selber in der Hand, wie stark uns das Problem trifft. Wenn unser Unternehmen attraktiv für Bewerber am Arbeitsmarkt ist, dann erreichen uns auch Bewerbungen. So haben wir auch die Möglichkeit, uns Gedanken über Folgefragen zu machen: ob unsere Bewerber über eine ausreichende Qualifikation verfügen oder ob das Entgelt, das sie fordern, nicht zu hoch ist? Aber viele Firmen kommen eben gar nicht dahin, sich diese Fragen stellen zu dürfen.

Was kann ich tun, wie lautet das Allheilmittel gegen Fachkräftemangel?

Wenn die Konkurrenz also nachlässig ist und nicht an der eigenen Arbeitgeberattraktivität arbeitet, dann ist das unser Vorteil. Wenn andere Unternehmen weiter machen wie gehabt, dann werden unsere Maßnahmen für mehr Attraktivität am Arbeitsmarkt umso effektiver wirken. Und das ist diesmal eine wirklich gute Nachricht, ohne Zweifel!

Das heißt aber nicht, dass wir direkt ein Feel-Good-Management auf allen Ebenen einführen müssen. Aber wir sollten uns genau angucken, was unseren Beschäftigten wichtig ist, was sie wollen und was nicht. Bereits diese Fragestellung ist ein erster Schritt Richtung Beteiligung – und Beteiligung ist unschlagbar wichtig in einem Humanunternehmen! Sie ist quasi die tragende Säule.

Gleichzeitig sollten wir analysieren, in welchen von diesen Bereichen unsere Konkurrenten nachlässig sind. Genau das ist die Lücke, in die wir unbedingt stoßen müssen, die wir ausnutzen sollten. Schnell werden wir registrieren, dass Betriebliche Altersvorsorge und zwischenzeitlich ein Job-Rad Schnee von gestern sind. Angebote in diesen Bereichen dürfen wir dennoch nicht vernachlässigen, aber wir sollten sie auch nicht unbedingt als besonders bemerkenswert in den Blickpunkt der Betrachtung rücken und auf die Begeisterungsstürme unserer Beschäftigten hoffen.

Erste Tipps für mehr Arbeitgeberattraktivität

Nicht selten wird von den Beschäftigten im Rahmen der Bedarfsanalyse eine gerechte Vergütung genannt. Sie ist auf jeden Fall und grundsätzlich von hoher Bedeutung, um ein Unternehmen wirklich attraktiv zu machen. Gerechte Vergütung ist oftmals überall dort ein Manko, wo Unternehmen losgelöst von Tarifverträgen vergüten. Hier fragen sich die Beschäftigten ständig, ob sie im Vergleich zu anderen Beschäftigten nicht vielleicht eine zu niedrige Vergütung erhalten und daher den Arbeitgeber wechseln sollten?

Ideal ist es, wenn wir ein Entgeltsystem praktizieren, aus dem transparent und für alle verständlich hervorgeht, warum eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter das verdient, was er/sie verdient. Dies kann schon einen unschlagbaren Effekt auf die Bindung der Beschäftigten haben. Werde also schon heute an dieser Stelle aktiv, denn in einigen Monaten fordert der Gesetzgeber hier ohnehin von uns deutlich mehr Maßnahmen, die heutzutage auf kleiner Flamme und relativ unverbindlich das Entgelttransparenzgesetz vorgibt. Und dann besteht keine Chance mehr zur Abgrenzung von der Konkurrenz am Arbeitsmarkt.

Andere wirkungsvolle Maßnahmen können in der Bereitstellung attraktiver Benefits liegen. Diese müssen nicht unbedingt viel Kosten. Wichtig ist, dass die Benefits Aufmerksamkeit und Begeisterung entfachen und dass sie eindeutig zeigen: hier hat sich jemand richtig Gedanken über unsere Wünsche und Bedürfnisse gemacht.

Ein dritter Maßnahmenbereich kann die Beteiligung der Mitarbeitenden am Erfolg oder sogar am Kapital. Also ganz so, wie es die Firma Barghorn bereits erfolgreich macht.

Schlussworte

An dieser Stelle sollen auch meine Worte für euch hier zunächst innehalten. Wichtig ist, dass ihr – wie bereits gesagt – eure eigenen Schlussfolgerungen darüber trefft, was sinnvoll ist, bei den Mitarbeitenden ankommt und finanzierbar ist bzw. was nicht.

Vielleicht habt ihr ja auch Anregungen für alle anderen Humanunternehmer? Ich freue mich über eure Ideen, Erfahrungen, Berichte …

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